Wing, Backplate und Harness

Als "Wing" bezeichnen Taucher ein Jacket (Tarierweste), dessen Auftriebskörper sich ausschliesslich auf dem Rücken befindet. Diese Art Jackets gibt es von vielen Herstellern in sehr vielen Varianten. Der Begriff "Jacket" (obwohl ein englisches Wort) wird übrigens in der englischen Sprache nicht für die "Tarierweste" verwendet. Hier nennt man es BC oder BCD (Buoyancy Compensator/Control Device). Soviel zum Thema "englische" Begriffe beim Tauchen...

ein Wing mit Backplate montiert an Doppelflaschen
ein Wing mit Backplate montiert an Doppelflaschen
GUE-Taucher (wie andere technische Taucher auch) benutzen ein mehrteiliges Wing, das aus einem Auftriebskörper (der Blase), einer Backplate (Rücken/Trageplatte) und einem Harness (der Bebänderung) besteht. Der modulare Aufbau hat den Vorteil, dass man für jede Flaschengröße einen passenden Auftriebskörper wählen kann, ohne gleich ein neues (komplettes) Jacket kaufen zu müssen. Ein weiterer Vorteil eines solchen Wingsjackets ist, dass man einen freien Oberkörper hat, da keine Taschen oder Teile des Auftriebskörpers den Taucher einengen. Das ist sehr angenehm zu tauchen. Die Taschen sind statt dessen an den Oberschenkeln des Anzugs, siehe auch unter Tauchanzug. Dadurch, dass sich der Auftriebskörper auf dem Rücken befindet, liegt er sehr nah am Schwerpunkt des Tauchers.
ein Wing montiert an einer 10 Liter Monoflasche
ein Wing montiert an einer 10 Liter Monoflasche
Dies ermöglicht eine sehr gute Beweglichkeit und eine waagerechte Lage im Wasser (siehe auch Trim). Durch die Montage der Flaschen an der Backplate liegen diese sehr nah am Körper, was das selbstständige Betätigen der Ventile stark vereinfacht.

Als Nachteil der Wingjackets wird oft angeführt, sie würden den Taucher an der Wasseroberfläche nach vorne kippen lassen (mit dem Gesicht ins Wasser). Das sei dann nicht ohnmachtssicher. Dieser Effekt kann zwar auftreten, ist aber bei richtiger Bleianordnung und Menge nicht stärker ausgeprägt als bei den anderen (normalen ADV) Jackets die ich getaucht bin. Ohnmachtssichere Jackets gibt es so gut wie keine mehr auf dem Markt. Muss man längere Zeit an der Wasseroberfläche verbrigen, dann kann man sich sehr entspannt auf den Rücken legen und ein Nickerchen machen. Das geht mit Wings perfekt!

Die Backplate

Die Backplate dient (zusammen mit dem Harness) als Tragevorrichtung für viele Ausrüstungsteile, die der Taucher mit ins Wasser nimmt. Sie muss deshalb sehr stabil und robust sein.

Edelstahlbackplate an einer Doppelflasche; die Falz verhindert den Kontakt der Flügelmuttern</p><p>mit dem Rücken des Tauchers
Edelstahlbackplate an einer Doppelflasche; die Falz verhindert den Kontakt der Flügelmuttern mit dem Rücken des Tauchers
GUE-Taucher verwenden Backplates aus harten Materialien, z.B. Edelstahl oder Aluminium, je nach erforderlichem Gewicht (siehe auch Balanced Rig). Die Backplate ist ein stabiles Blech, in das eine Falz gebogen ist.

Bei montiertem Doppelgerät liegt diese Falz zwischen den beiden Flaschen (vom Rücken weg), eine Monoflasche wird mittels Single Tank Adapter (STA, Einzelflaschenadapter) von hinten auf die Falz geschraubt. Auf der Seite zum Rücken hin verhindert die Falz den Kontakt der Befestigungsschrauben mit dem Rücken und kann zur Aufnahme einer Boje dienen (mit Storage Pack, siehe unten). Löcher und Schlitze in der Backplate dienen der Befestigung von Harness und weiteren Ausrüstungsteilen.

Das Harness

Die GUE-Bebänderung der Backplate besteht aus einem durchgängigen Gurtband (ca. 5cm breit und ca. 4m lang). Das Band wird so in die Backplate eingefädelt, dass seine beiden Enden den Bauchgurt bilden. Das linke Ende des Bandes wird mit einer Gurtschnalle (aus Edelstahl) versehen und dient zum Verschließen des Harness. Außer dieser Schnalle gibt es keine weiteren Verschlüsse an der Begurtung. Das Harness wird für den Taucher passend eingestellt. Diese Einstellung muss eventuell bei Verwendung eines anderen Anzugs (Trocki/Nass) wieder angepasst werden, bleibt ansonsten aber unverändert. Die feste Einstellung lässt das Tauchgerät sehr stabil und angenehm auf dem Rücken liegen, das An- und Ablegen des Gerätes ist bei richtiger "Technik" auch kein Problem.

Edelstahlbackplate mit Harness von hinten (Flaschenseite); die zusätzliche Schnalle (rechts auf dem</p><p>Bauchgurt) dient zur Befestigung der Tanklampe
Edelstahlbackplate mit Harness von hinten (Flaschenseite); die zusätzliche Schnalle (rechts auf dem Bauchgurt) dient zur Befestigung der Tanklampe
Zusätzlich zu Schulter- und Bauchgurt gehört zum Harness noch der Schrittgurt. Er verhindert das Hochrutschen des Gerätes, wird beim Scootern benutzt und sollte aus einem weichen Gurtmaterial bestehen. Sein hinteres Ende ist an der Backplate befestigt, in die andere Seite ist eine Schlaufe eingenäht, durch die der Bauchgurt mit der Gurtschnalle gefädelt wird. Auch der Schrittgurt muss natürlich passend eingestellt werden.\r\n

Zum Befestigen diverser Ausrüstungsteile am Harness werden D-Ringe aus Edelstahl verwendet. Auch sie müssen passend angebracht werden, damit man sie blind und einhändig benutzen kann. Ein DIR-konformes Harness hat genau 5 D-Ringe:

  • am rechten Schultergurt zur Befestigung von Backuplampe, Hauptlampe, Hauptautomat und Doppelender
  • am linken Schultergurt zur Befestigung von Stages und einer zweiten Backuplampe
  • am linken Bauchgurt zur Befestigung von Finimeter und Stages
  • hinten am Schrittgurt zur Befestigung weiterer Ausrüstungsteile (z.B. Boje und Reel)
  • vorne am Schrittgurt, um vom Scooter gezogen zu werden

Das Wing (die Blase)

Der Auftriebskörper ist in verschiedenen Varianten erhältlich. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Wings für Doppelflaschen und Wings für Monoflaschen (etwas schmaler). Manche Hersteller bieten Wings mit sehr großen Volumina an (teilweise über 40 l), die dann mittels Gummibändern (bungees) zusammengezogen werden, damit sie im leeren Zustand nicht in der Strömung flattern.

40 lbs (ca. 18 l) Auftriebskörper für D7 bis D12 Doppelflaschen
40 lbs (ca. 18 l) Auftriebskörper für D7 bis D12 Doppelflaschen
30 lbs (ca. 14 l) Auftriebskörper für Monoflaschen mit Single-Tank-Adapter (STA)
30 lbs (ca. 14 l) Auftriebskörper für Monoflaschen mit Single-Tank-Adapter (STA)

Aus Redundanzgründen bestehen manche Taucher auch auf Wings mit zwei Auftriebskörpern (und zwei Inflatoren). GUE-Taucher brauchen weder großvolumige Wings, noch Bungees oder doppelte Auftriebskörper.

Je nach Flaschengröße benutzen GUE-Taucher Wings mit ca. 14 l bis 25 l Volumen. Für die häufig getauchten D12 Flaschen (Doppel 12 l) wird ein 40 lbs (ca. 18 l) Wing verwendet, dass auch mit mehreren Stages noch genug Auftrieb hat. Größere Wings werden nur bei größeren Flaschenpaketen benutzt. Warum 18 l ausreichen wird unter Balanced Rig beschrieben. Nachfolgend ein paar Gründe, warum man eine doppelte Blase im Wing nicht braucht:
  • Der häufigste Defekt an einem Wing ist nicht eine Beschädigung der Blase, sondern ein schleichendes Abblasen des Inflators in das Wing. Um diesen Defekt zu lokalisieren, müßte man zwei Inflatoren prüfen (Inflatorschlauch abziehen), das dauerte wahrscheinlich so lange, dass man unkontrolliert aufsteigen würde.
  • Der zweite Inflator ist oft im Weg und stört (ok, ist vielleicht Gewöhnungssache). Oder er ist (damit er nicht im Weg ist) so verstaut, dass man nicht schnell genug rankommt, wenn man ihn braucht (siehe oben).
  • Zwei Inflatoren erfordern mehr Konzentration bei der Bedienung des Wings (Verwechslungsgefahr bei Stress).
  • Die zweite Blase ist einfach überflüssig. Begründung siehe unter Balanced Rig.
Inflatorschlauch ohne Schnellablass
Inflatorschlauch ohne Schnellablass
doppelschaliges Wing mit Reißverschluss in der Außenhülle
doppelschaliges Wing mit Reißverschluss in der Außenhülle
Was ist so schlecht an den Bungees?
  • Mit den Gummis kann man hängen bleiben (z.B. in Wracks oder Höhlen).
  • Das Aufblasen des Wings mit dem Mund ist schwieriger.
  • Die Gummis können den Luftverlust einer undichten Blase beschleunigen.
  • Man braucht sie einfach nicht, wenn man nicht mit viel zu großen Wings taucht.

Noch ein paar Spielereien, die ein Wing nicht braucht:

  • Einen Schnellablass am Inflatorschlauch (bei einer Undichtigkeit bläst sonst zu schnell die Luft ab, da er der höchste Punkt ist).
  • Mehr als ein Überdruckventil. Eins reicht.
  • Mehr als einen Schnellablass. Einer reicht.
  • Irgendwelche "Bommel" am Schnellablass. Sie können sich zwischen die Stages klemmen und versehentlich Luft ablassen. Auch mit dicken Handschuhen kann man ihn ohne "Bommel" bedienen.
  • Taschen, weil man sie oft nicht oder nur schwer selber bedienen kann und weil sie einengen. Sie sind besser am Oberschenkel des Anzugs angebracht.
  • Mehr als 5 D-Ringe. Und dann vielleicht auch noch an Stellen, die man gar nicht selber erreichen kann.

So, jetzt wissen wir, was wir nicht brauchen. Wie soll das Wing denn nun sein?

  • Volumen passend zur Flasche (für Einzelflaschen ca. 14 bis 18 l, D7 oder D12 ca. 18 - 20 l)
  • doppelschalig (stabile und robuste Aussenhülle und Innenhülle)
  • kurzer Faltenschlauch und passender, kurzer Inflatorschlauch (damit er sich nicht zwischen die Stages klemmen kann)
  • fein dosierbarer Inflator
  • ein Schnellablass mit Überdruckventil unten links

Zusätzlich benutzen manche Taucher noch ein Storage Pack. Es wird auf der Rückenseite auf die Backplate geschraubt und kann zum Verstauen einer Boje verwendet werden. Man kann kleine Bojen aber auch gut in einer Beintasche verstauen.

Wie groß muss ein Wing sein?

Viele Taucher haben keine Ahnung davon, wieviel Auftrieb ein Wing eigentlich haben muss. Sie kaufen deshalb oft lieber eine Nummer größer, nicht selten sieht man technische Taucher mit 40 oder 60 Liter Wings. Damit sie nicht unkontrolliert herumflattern und sich das Gas noch einigermassen daraus entfernen lässt, werden solche "Monsterwings" meistens mit Gummis zusammengerefft. Ist das nötig? Die DIR-Taucher sagen nein. Hier die Begründung.

Ein Wing muss folgende Bedingungen bezüglich seines Auftrieb erfüllen:

  1. Es muss so viel Auftrieb erzeugen können, dass die gesamte Ausrüstung an der Oberfläche nicht untergeht, wenn sie im Wasser liegt
  2. Es muss so viel Auftrieb erzeugen können, dass der Taucher im schlimmsten Fall (worst case, komplettes Volllaufen des Trockis) sicher an die Oberfläche kommen kann
Was das bedeutet, kann man am besten anhand eines Beispiels erklären.
Beispiel: Taucher mit Trockentauchanzug und Doppelgerät

Wir machen folgende Annahmen (die individuell natürlich abweichen können...):

  • der Trocki hat einen Auftrieb von ca. 8 kg
  • die Backplate hat ca. 3 kg Abtrieb
  • die Automaten haben ca. 2 kg Abtrieb
  • die D12 hat ohne Gas ca. 2 kg Abtrieb
  • das Gas in der vollen D12 hat einen Abtrieb von ca. 7 kg (Luft oder Nitrox)
  • die Tanklampe hat ca. 1 kg Abtrieb
Insgesamt ergibt sich also beim Abtauchen (mit vollen Flaschen) ein Abtrieb von ca. 7 kg. Mit leeren Flaschen ergibt sich ein Ab-/Auftrieb von 0, da die 7 kg Gasgewicht nicht da sind. Damit auch mit leeren Flaschen noch gut tariert werden kann, nehmen wir an, dass noch 2 kg Blei mitgenommen werden.

Inklusive Blei ergibt sich somit beim Abtauchen mit vollen Flaschen ein Abtrieb von ca. 9 kg, mit leeren Flaschen hätte der Taucher noch ca. 2 kg Abtrieb. So weit, so gut.

Das Schlimmste, das in Bezug auf den Auftrieb des Wings passieren könnte, wäre ein Totalausfall des Trockis. Es würden dadurch 8 kg Auftrieb wegfallen. Das ist zwar sehr unwahrscheinlich, soll aber hier als worst case angenommen werden. Der Taucher hätte nun mit vollen Flaschen einen Abtrieb von ca. 17 kg. Um in dieser Situation auftauchen zu können, müsste das Wing also einen Auftrieb von etwas mehr als 17 kg haben. Ein 40 lbs (18 Liter) Wing ist hier die beste Wahl. Dieser Auftrieb reicht normalerweise auch aus, um das Gerät an der Wasseroberfläche schwimmen zu lassen. Wer ganz sicher gehen will, kann die 2 kg Blei auch abwerfbar mitführen. Auch wenn schon Teile des Gases abgeatmet worden wären, sähe die Rechnung noch besser aus.

Wenn mit Nassanzug getaucht wird, so besteht das Problem des ausfallenden Trockis nicht. Somit muss das Wing nur groß genug sein, um die Bedingung 1 zu erfüllen und das Gewicht des Gases in der/den Flaschen ausgleichen zu können. Außerdem muss es groß genug sein, um den Auftriebsverlust des in der Tiefe komprimierten Neoprens ausgleichen zu können. Das sind bei einem 7 mm Anzug normalerweise nicht mehr als ca. 6 bis 8 kg (abhängig von der Tiefe).

Anders sieht die Situation bei Ausfall des Wings aus. Mehr dazu ist unter Balanced Rig ausführlich beschrieben.

das Storage-Pack wird mit Schrauben auf der Backplate montiert
das Storage-Pack wird mit Schrauben auf der Backplate montiert
Fazit: Ein Wing braucht nur so viel Auftrieb wie nötig ist, um die Ausrüstung an der Oberfläche halten zu können. Damit ist normalerweise auch der Fall abgedeckt, dass der Trocki komplett ausfällt. Riesige Wings mit 30 kg oder 40 kg Auftrieb sind unter den hier genannten Bedingungen nicht notwendig und nicht sinnvoll.

Sonst noch was?

Ja. Wie werden die drei Teile nun zusammengebaut? Ganz einfach (siehe auch das Bild oben im Abschnitt "Die Backplate").

  1. das V-Blei wird zwischen die Flaschen gelegt (bei Doppelgeräten)
  2. auf die Gewindestangen des Doppelgeräts oder des Single Tank Adapters wird das Wing aufgesteckt
  3. nach dem Wing wird die Backplate auf die Gewindestangen gesteckt
  4. nun wird alles mit Flügelmuttern auf den Gewindestangen gut festgeschraubt
  5. fertig!

Wenn man mit Monogerät und Single Tank Adapter (STA) taucht, kann man alles auch einfach zusammengebaut lassen (Backplate, Wing und STA, siehe auch das Bild oben rechts im Abschnitt "Das Wing"). Das komplette Wing wird dann wie bei jedem Jacket einfach mit seinen Flaschenbändern über die Flasche gestülpt und befestigt.

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